VON INGE GÜNTHER
Er vertritt bizarre Ansichten. Im israelischen Schulunterricht, sagt er, solle keine arabische Geschichte behandelt werden. Besser man bringe den Schülern "authentische jüdische Werte" bei. Wie rechtsextrem seine Ideen im Kern sind, wird spätestens klar, wenn Mosche Feiglin, 46, seinen "Friedensplan" erklärt. Der basiert auf "freiwilligem Transfer" von Palästinensern. Wozu gebe es denn 22 arabische Staaten. Wer trotzdem bleibe, dürfe auf menschliche Behandlung hoffen, aber keine Bürgerrechte erwarten.
Derartige Gedanken sind am ultranationalen Rand der israelischen Gesellschaft verbreitet. Feiglin aber versucht, den israelischen Mainstream zu infiltrieren. Mit seiner 6000 Mitglieder starken Bewegung "Manhigut Jehudit" (Jüdische Führung) ist er 2001 in den Likud eingetreten, die konservative Volkspartei. Feiglin will eine Revolution von innen anzetteln. Seine Etappenerfolge zeigen, wie weit er, der mit Frau und fünf Kindern in der Westbank-Siedlung Karnei Shomron lebt, vernetzt ist. Als er 2005 zum ersten Mal gegen Parteiboss Benjamin Netanyahu kandidierte, erhielt er 12,5 Prozent. 2007 waren es fast doppelt soviel Stimmen. Vorige Woche hievte ihn die Parteibasis auf Listenplatz 20.
Die Aussicht, einen wie Feiglin in der künftigen, laut Umfragen mindestens 30 Abgeordnete zählenden Knesset-Fraktion zu wissen, ist für Netanyahu ein Alptraum. Nicht nur, weil der wegen Volksverhetzung Vorbestrafte Wähler der Mitte abschrecken könnte. Jedenfalls sorgte Netanyahu dafür, dass das Wahlkomitee Regionalvertreter vorzog, so dass Feiglin auf Platz 36 rutschte. Ganz sauber war das nicht. Aber das war Netanyahu egal, Hauptsache, Feiglins Durchmarsch wurde verhindert.
Feiglin will die Entscheidung nicht juristisch anfechten. Er habe kein Vertrauen ins herrschende Rechtssystem, ließ er wissen. Deshalb werde er eine alternative Führung im Likud kreieren, "um Israel aus den Fesseln der linken Tyrannei zu befreien". Das klingt nach gestörtem Verhältnis zur Realität. Man darf Feiglin aber nicht unterschätzen. Altlinke wie Jossi Sarid, der frühere Meretz-Chef, nennen ihn "einen Faschisten nach jeder Definition".
In Interviews von 1995 drückte Feiglin gar Bewunderung über Adolf Hitler aus. Der sei ein "militärisches Genie" gewesen. Der Nazismus habe "Deutschland von unten zu einer phantastischen physischen und ideologischen Statur verholfen". Ungeachtet dessen wirbt Feiglin dafür, die Beziehungen zu Deutschland als ehemaligem NS-Staat zu kappen. Überhaupt schert ihn wenig, was die Welt denkt. Wozu Völkerrecht und Vereinte Nationen achten, wenn Israel doch Gott und die Bibel auf seiner Seite habe.
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